Zhuangzi & Richard Wilhelm

Zhuangzi & Richard Wilhelm

Muschelsammler vor der Skyline von Qingdao 1997

Die Tafel mit der Aufschrift “Chinesengefängnis Bezirksamt Litsun” liegt heute im Stadtmuseum Qingdao

In meinen Aufenthalten in Qīngdǎo 青島 in den 90er Jahren war ich auch auf Spurensuche der Zeit der grausamen deutschen Besatzung Ende des 19./Anfang des 20. Jh. Dabei war das Wirken Richard Wilhelms (1873-1930) in Tsingtao, wie die Stadt ins Deutsche transkribiert wurde, ein Lichtblick. Als evangelischer Missionar gesandt, begann er sich für die chinesische Kultur und Sprache zu begeistern. Die Ideologie der Überlegenheit der Deutschen gegenüber anderen Völkern war ihm zuwider. So zog er sich aus seiner Missionstätigkeit zurück und widmete sich der Übersetzung klassischer Chinesischer Schriften. Rückblickend sagte er über diese Zeit: „Es ist mir ein Trost, daß ich als Missionar keinen Chinesen bekehrt habe“.

Bekannt sind seine noch heute relevanten Übersetzungen des I Ging (易經, Yì Jīng) und Tao Te King (道德经, Dào Dé Jīng), die u.a. C.G. Jung und Hermann Hesse maßgeblich inspiriert haben. So gibt es in Hesses Glasperlenspiel einen deutlichen Bezug zum Yì Jīng, dem Buch der Wandlungen.

Der Gelehrte Láo Nǎixuān (1843—1921) 劳乃宣, der zurückgezogen in den nahegelegenen Bergen des Láo Shān 嶗山 lebte, half Richard Wilhelm u.a. bei der Übersetzung des “Buches der Wandlungen”. In Wilhelms Buch die “Seele Chinas” schrieb er: “Wir taten genaue Arbeit. Er erklärte den Text auf chinesisch, und ich machte mir meine Notizen. Dann übersetzte ich den Text für mich ins Deutsche. Darauf übersetzte ich ohne Buch meinen deutschen Text ins Chinesische zurück, und er verglich, ob ich in allen Punkten das Richtige getroffen.”

Gegenwärtig lesen wir nach der Meditation aus dem Zhuāngzǐ (莊子) wechselnd die empfehlenswerte Übersetzung von Viktor Kalinke (Reklam) und eben die Übersetzung Wilhelms (Diederichs Gelbe Reihe).

Letztere findet ihr hier als PDF zum Download (der Link stammt von der Ruhr-Uni-Bochum).

Viel Spaß und erhellende Momente beim Lesen!

 

Komposition: Morgentau

Komposition: Morgentau

Es ist mir eine große Freude, Euch eine wunderbare Komposition von Steven E. Müller, der seit zwei Jahren intensiv im DAO Zentrum lernt, vorstellen zu können. Dieses Stück ist durch das Kapitel 23 des Daodejing inspiriert und wurde brillant durch das Deutsche Filmorchester Babelsberg aufgenommen. Ich empfehle beim Hören gute Lautsprecher oder Kopfhörer. Viel Spaß.

Kapitel 23
Nur wenig Worte braucht die Natur:
denn ein Wirbelwind dauert den Morgen kaum nur,
dass ein Platzregen nicht tagelang dauern werde –
Wer all dies bewirkte?
Himmel und Erde.
Zur Dauer nicht fähig schon Himmel und Erde,
umso weniger es wohl ein Mensch dann werde?
So bringt in die Dinge man Dao ein:
wer Dao besitzt, wird eins mit ihm sein.

Komposition: Steven E. Müller | Musikmischung: Samuel L. Schwenk

Weiterlesen

Song of Secrets

Song of Secrets

Heute möchte ich  ein Gedicht mit Euch teilen, das ich kürzlich übersetzt bzw. übertragen habe. Es ist eine poetische Inspiration für meine Übungspraxis und stammt aus dem Buch „Die Tai Chi Kunst“ (太極功) von Sòng Shū Míng (宋書銘) aus dem Jahr 1908.

Das Übersetzen historischer Texte ist für mich eine große Bereicherung, die mich immer wieder zu den Quellen der Ideen des Tai Chi Chuan zurückführt. Besonders möchte ich dabei meiner Schülerin Xiaoqing Xu für ihre Korrekturen, Gedanken und der Möglichkeit des Diskurses danken.

Möge das Gedicht auch für Dich inspirierend sein:
Lied der Geheimnisse (deutsch) pdf
Song of Secrets (englisch) pdf

Den ganzen Originaltext findest Du auf der empfehlenswerten Seite Brennan Translation.

Weiterlesen

Podcasts bei Tai Chi Jederzeit

Podcast: Tai Chi Jederzeit

Die Sinologin, Lyrikerin und Tai-Chi-Lehrerin Beate Kraus aus Bonn veröffentlicht seit einiger Zeit Podcasts, in denen sie mit Tai-Chi-LehrerInnen über deren Arbeit spricht. In gleich zwei Teilen hatte ich die Gelegenheit zu einem gemeinsamen Gespräch.

In der Folge 20 sprechen über das älter werden, Abschied und Neuanfang. Auch eines meiner Stücke ist passend dazu eingespielt. Und was hat das alles mit Tai Chi Chuan zu tun? Hört rein >>>

In der 21. Folge geht es dann um das Ma Tsun Kuen Tai Chi Chuan und unsere Tui Shou Arbeit. Viel Spaß >>>

Und das ist Beates Youtube-Kanal auf dem Ihr alle weiteren Podcasts hören könnt >>>

Weiterlesen

Finger Pointing At The Moon

Finger Pointing At The Moon

Immer mal wieder, so auch in Fernandos Unterricht, taucht dieses Zitat in abgewandelter Form aus dem Bruce Lee Film „Enter the Dragon“ (1973) auf: “Denke nicht!. Fühle. Es ist wie der Finger, der einen Weg zum Mond zeigt. Konzentriere dich nicht auf den Finger, sonst verpasst du die himmlische Herrlichkeit.”

Der weise Rat in dieser Filmszene ist eine Anleihe aus einem alten Buddhistischen Text, dem Laṅkāvatāra-sūtra (楞伽經 Lèng Qié Jīng, 4.-5. Jh) und ist eines der wichtigsten Sutren des Mahāyāna Buddhismus, das den chinesischen Chán(禪)-Buddhismus maßgeblich geprägt hat:

如愚見指月
觀指不觀月
计著名字者
不見我真實

“So wie der Narr den Finger sieht, der auf den Mond zeigt, den Finger betrachtend und nicht den Mond betrachtend, so sehen diejenigen, die an Namen und Worten hängen, meine Wahrheit nicht.” Text Chin-D-E als pdf
Diese Worte haben eine tiefe Bedeutung auch für unsere Tai Chi Praxis. Was bedeuten sie für Dich und Deine Praxis? Weiterlesen